Turnverein
Die Entstehung des Turnvereins kann man eigentlich nur im Zusammenhang mit der Zeitgeschichte verstehen. Als das »Heilige Römische Reich Deutscher Nation« zerstört und Deutschland von französischen Truppen besetzt war, trug u. a. auch »Turnvater« Friedrich Ludwig Jahn zur Wiedergewinnung nationaler Ehre und Freiheit bei. Durch seine Schrift »Deutsches Volkstum« 1810 suchte er durch eine Erziehung zu körperlicher und geistiger Tüchtigkeit auch ein Nationalgefühl zu erwecken. Aber alle Patrioten wurden im Anschluss an die Befreiungskriege bitter enttäuscht. In der Zeit der Reaktion wurden alle freiheitlichen Bestrebungen unterdrückt und die entstandenen Turnvereine aufgelöst. Es dauerte dann bis zur Revolution von 1848, ehe sich die Freiheits-und Einheitsbewegung neu belebte. Alte Turnvereine nahmen ihre Tätigkeit wieder auf, neue wurden gegründet. So sammelten sich auch die Eppelsheimer Freiheitskämpfer von 1848 und gründeten im Jahre 1861 einen Turnverein.
Als aktive Turner schlossen sich ihm an: Wilhelm Weisheimer, Jakob Trapp, Philipp Häußer, Wilhelm Wetz, Wilhelm Spindler, Wilhelm Babel, F. Wilhelm Först, Valentin Hahl, Jakob Wetz I., Adam Grün, Christian Weisheimer, Johannes Feudner, Jakob Ferst, Karl Hahl, Wilhelm Wetz IV., Wilhelm Wetz V., Georg Häußer, Johannes Wagner, Martin Wetz, Jakob Carl, Jakob Fell, Johannes Lutz, Philipp Fauth, Peter Hofmann, Jakob Wallhäußer, Adam Küfer. Die ersten Zöglinge waren: Jakob Eyerdam, Johannes Wetz, Johannes Bastian, Wilhelm Hahl, Peter Keller, Jakob Wetz, Georg Wetz, Adam Bayer, Wilhelm Eyerdam, Wilhelm Rathgeber, Johannes Häußer, Heinrich Schneider, Christian Häußer, Lazarus Levis, Jakob Dohm, Karl Keller, Friedrich Bayer, Joseph Samesreiter, Peter Krämer, Wilhelm Uhl.
Die ersten Turngeräte stellte einer der Gründer Wagner Jakob Trapp her. Es bildete sich auch eine Singabteilung, was ganz im Geiste jener Zeit lag. Im Mai 1864 wurde im Rahmen seines dreijährigen Stiftungsfestes dem Verein von den Frauen und Jungfrauen Eppelsheims eine schwarz-rot-goldene Fahne gestiftet, die dann 1870/71 als Zeichen nationaler Begeisterung auf dem Turm der Kirche flatterte. Nach dem Krieg ruhte der Verein. Möglicherweise hatten die politischen Ereignisse die revolutionären Ideen
und Strömungen im Volk lahmgelegt. Man traf sich jedoch als Leseverein jeden Donnerstagabend beim Wirt Wilhelm Wetz und unterhielt sich über Neuigkeiten und die gemeinsame Lektüre. Erst 1884 wurde der Turnverein von 13 Männern neu gegründet, und zwar von Martin Zimmer, Peter Häußer, Philipp Stier, Adam Bayer, Adam Köhlert, Adam Eyerdam, Johann Wetz VII., Johann Wetz IX., Adam Wetz III., Ernst Süs, Jakob Köhm, Philipp Achenbach, Philipp Eyerdam. Allmählich wurden wieder Turngeräte angeschafft, wozu einige Mitglieder das nötige Geld liehen, ohne Zinsen zu verlangen. Am 10.5.1885 feierte der neue Verein sein erstes Stiftungsfest, das von 18 auswärtigen Vereinen besucht wurde. Besonders erwähnenswert ist das Jahr 1899 als am 10. -12. Juni das Fest der Fahnenweihe gefeiert wurde. Die alte Fahne hatte (1870/71) so sehr gelitten, dass wiederum die Frauen und Jungfrauen Eppelsheims dem Verein eine neue stifteten. Nach dem Festbericht bildeten die Stabübungen der Festdamen »den Glanzpunkt des Festes«. Weitere Höhepunkte in der Vereinsgeschichte waren die Stiftungsfeste 1911 (50-jährig), 1921 und 1931 mit jeweils großem Festkommers, Wettturnen und Festball. Ein ewiges Problem des Turnvereins war es, einen geeigneten Ort für den Übungsbetrieb zu finden. Mit dem Wiederbeginn 1884 fanden das Turnen auf einem Platz im Stockgarten und das Winterturnen bis 1903 in einem alten, nicht beheizbaren Saal statt. Beides wurde von dem Gastwirt Wilhelm Wetz zur Verfügung gestellt. 1894 wurde der Gemeindeturnplatz (heutige Freilichtbühne) in tagelanger Arbeit von den Aktiven hergerichtet. 1904 erfolgte zwar der Beschluss zum Bau einer Turnhalle, aber die Gemeinde lehnte einen Antrag auf Zuschuss ab, womit das Projekt scheiterte. Erst im Jahre 1905 findet der Verein ein Heim in der neuerbauten Halle des Jakob Dohm in der Krötenbach für 25,—RM pro Jahr, die bis 1917 benutzt werden konnte.
Sportverein
Die Gründe, die zur Entstehung des Sportvereins führten, waren im Gegensatz zum politisch motivierten Turnverein rein sportlicher Natur: »§ 1 Der Verein ist gegründet zur Förderung des Fußballsports«. Dies geschah am 5. Juli 1920, als sich in der Gastwirtschaft »Zur Alten Post« 35 junge fußballbegeisterte Männer zusammenfanden und den »Sportverein 1920« aus der Taufe hoben. Hier sind die Namen: Wilhelm Wallhäußer, Georg Wetz, Johann Ihrig, Rudolf Bollinger, Jakob Hippel, Jakob Schäffer, Willi Klemmer, Philipp Roos, Jakob Fell, Wilhelm Häußer, Fritz Wilhelm, August Kühn, August Krämer, Heinrich Bogert, Ernst Staudinger, Heinrich Roos, Heinrich Wilhelm, Fritz Staudinger, Georg Weyrich, Johann Unkelbach, Willi Weber, Heinrich Hahn, Wilhelm Herr, Johann Lutz, Ludwig Unkelbach, Peter Häußer, Wilhelm Lind, Johann Lind, Heinrich Schäffer, Fritz Roos, Wilhelm Achenbach, Willi Germann, Heinrich Schneider, Georg Bollinger, Karl Bollinger. Die Schwierigkeiten des jungen Vereins waren enorm. Der 1. Weltkrieg mit all seinen negativen Folgen wie Hunger, Not und Inflation oder auch das geringe Ansehen, das der Fußballsport zu dieser Zeit genoss, machten es trotz des Idealismus schwer, ein geeignetes Spielfeld, Spielkleidung oder gar Fußballschuhe zu beschaffen. Am 30. August 1921 erfolgte der Beitritt zum »Süddeutschen Fußballverband« und damit zu einem geregelten Verbandsspielbetrieb.
Verein für Leibesübungen
Ein wichtiges Ereignis in der Geschichte beider Vereine war der Zusammenschluss im Jahre 1950 zum Verein für Leibesübungen Eppelsheim. Es fanden zwar schon 1922 und wiederum 1933-35 Verhandlungen mit dem Ziel der Fusion zu einem Turn-und Sportverein statt, doch diese Bemühungen schlugen fehl. Nachdem in den letzten Kriegstagen die Turnhalle zerstört worden war, war dieser Zusammenschluss die wohl beste Lösung für beide Vereine, da man in der damaligen »schlechten Zeit« alle Kräfte benötigte, um wenigstens einen Verein wieder mit Leben zu erfüllen. Darüber hinaus wurde damit auch der alten Rivalität zwischen Turnern und Fußballern die Grundlage entzogen, die in den Nachkriegsjahren eh anachronistisch anmutete. Der VfL war in seinen Anfangsjahren ein reiner Fußballverein mit Ausnahme der Jahre 1951 und 1952, als sich eine Tischtennisabteilung unter der Leitung von Manfred Schreier bildete. Neben der Verbesserung der Spiel-und Trainingsbedingungen für die Aktiven, so z. B. die Errichtung einer Platzbeleuchtung 1964 war auch der Plan eines Hallenneubaus ein dauerndes Thema der Vereinsführung. Schon 1952 standen Tottomittel bereit, aber das Eigenkapital war zu gering. 1965 wurde das Turnhallengelände im Baumgarten für DM 9.540,—verkauft und 1970 erhält der Vorstand von der Generalversammlung den Auftrag, einen Hallenbau zu prüfen. Auf einer außerordentlichen Generalversammlung am 21. 8. 1971 wurde der Bau mit 50 Ja-Stimmen bei 1 Enthaltung und 1 Gegenstimme beschlossen. Am 9. 2. 1974 erfolgt der 1. Spatenstich und am 8. August 1975 die Einweihung der neuen Sporthalle mit Gastwirtschaft und zwei Kegelbahnen. Damit nahm der VfL einen ungeahnten Aufschwung. Nach Leichtathletik, die schon seit 1974 betrieben wurde, gründete sich 1976 eine Judoabteilung und als 1977 die Tennisabteilung dazukam, war es an der Zeit, den Verein dahingehend neu zu formieren, dass von nun an ein geschäftsführender Vorstand für alle abteilungsübergreifenden Belange, wie z. B. Unterhaltung der Sporthalle und Versicherungen zuständig ist, während die jeweiligen Abteilungsvorstände für den Betrieb in ihren Sparten verantwortlich zeichnen. Nachdem zwischenzeitlich auch die Zahl der Mitglieder sehr angestiegen war, wurde 1980 deren Verwaltung auf EDV umgestellt, um die äußerst umfangreiche Arbeit des Kassierers zu reduzieren. Die Abteilung Wandern gründete sich 1981, Tischtennis 1984, Schießen 1986, Badminton 1987. Im Jahr 1993 wurde ein Kulturausschuss aus der Taufe gehoben, der bis zum heutigen Tag erfolgreich das Laienspiel vertritt. Daneben tritt der Verein auch in der Fastnacht als Kulturträger auf, indem er seit 1994 mit der Kinderkappensitzung am Rosenmontag für den närrischen Nachwuchs sorgt. Das jüngste Kind des VfL ist die Abteilung Tanzen, die zwar offiziell erst seit 2006 existiert, aber deren aktive Mitglieder schon Jahre zuvor in der Sporthalle zu Hause waren. Leider fehlt in dieser Reihe das Turnen, das ja den eigentlichen Anlass zu unserem Jubiläum gibt. Ein weiterer Wermutstropfen ist Auflösung der Abteilungen Leichtathletik Ende der 80er Jahre und Tischtennis 2004 aus Mangel an aktiven Mitgliedern. Allerdings gibt es mit Klaus Lepper noch einen letzten Mohikaner, der den VfL in der Leichtathletik aktiv vertritt. Die folgenden Tabellen mögen einen Überblick über die Entwicklung der Mitgliederzahlen von 1861 – 2011 geben.
Turnverein 1861 | |
1861 | 47 Mitglieder |
1887 | 54 Mitglieder |
1900 | 93 Mitglieder |
1910 | 101 Mitglieder |
1920 | 112 Mitglieder |
1925 | 154 Mitglieder |
1933 | ca. 250 Mitglieder |
Sportverein 1920 | |
1920 | 35 Mitglieder |
1925 | ca. 50 Mitglieder |
1930 | ca. 100 Mitglieder |
Verein für Leibesübungen | |
1952 | 129 Mitglieder |
1960 | 154 Mitglieder |
1965 | 155 Mitglieder |
1973 | 196 Mitglieder |
1975 | 227 Mitglieder |
1978 | 484 Mitglieder |
1982 | 547 Mitglieder |
1986 | 609 Mitglieder |
1990 | 637 Mitglieder |
1994 | 751 Mitglieder |
1998 | 681 Mitglieder |
2002 | 720 Mitglieder |
2006 | 678 Mitglieder |
2011 | 623 Mitglieder |
Turnverein | |
1861 – 1883 | nicht feststellbar |
1884 – 1890 | Jakob Wetz |
1890 – 1902 | Philipp Stier |
1902 (Ja. – Ju.) | Wilhelm Spindler |
1902 – 1906 | Philipp Stier |
1906 – 1912 | Wilhelm Herr 5. |
1912 – 1921 | Peter Hofmann |
1921 – 1923 | Jakob Kratz |
1923 – 1927 | Johann Klingenschmitt |
1927 – 1933 | Wilhelm Gall |
1934 – 1949 | Otto Zimmer |
Sportverein | |
1920 – 1921 | Wilhelm Wallhäußer |
1921 – 1922 | Heinrich Schäffer |
1922 – 1933 | Otto Süß |
1933 – 1939 | Heinrich Gülcher |
1940 – 1945 | – der Spielbetrieb ruhte – |
1946 – 1947 | Wilhelm Wallhäußer |
1947 – 1949 | Erwin Wagner |
1949 – 1950 | Peter Wallhäußer |
1950 | Werner Ritzert |
Verein für Leibesübungen | |
1950 – 1952 | Werner Ritzert |
1952 – 1970 | Heinrich Gülcher -ab 1975 Ehrenvorsitz.- |
1970 – 1977 | Hans Boos |
1977 – 1990 | Heiner Roos |
1990 – 2004 | Bernd Rathgeber |
seit 2004 | Hans-Jürgen Nolte |